Who is who… Ein soziometrischer Blick auf psychodramatische Psychotherapie in der Psychiatrie
Die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte haben auch deutliche Auswirkungen auf das Gesundheitssystem und die Beziehungen derer, die sich darin bewegen: PatientInnen und Professionelle sowie der Mitglieder beider Gruppen untereinander.
Neben der Beschreibung dieser Veränderungen und ihrer Implikationen auf die Psychotherapie in der Akutpsychiatrie wird ein möglicher Umgang damit entworfen aus einer psychodramatischen Haltung heraus. Als wichtige Aspekte werden die Rolle als PsychiatriepatientIn heute, v.a was das Selbstverständnis der Betroffenen angeht, und die Zugehörigkeit der AkteurInnen zu unterschiedlichen Sinus-Milieus beleuchtet. Für ein umfassendes Verständnis von komplexen Lagen bietet das Psychodrama sowohl Erklärungsansätze als auch Handlungsoptionen.
Verfasst von Claudia Mühlbauer
Who is who… A view from a sociometric perspective to psychodrama-psychotherapy in psychiatric institutions today
Abstract: During the last years and decades there have been social and political changes in society. These have had remarkable effects on both the health system and the people within it. These changes have had effects both on the encounters between professionals and patients and the relationships within both groups. As well as describung these changes and their implications for psychodrama-therapy in psychiatric institutions of the Public Health System, I try to find a way to deal with them from a specifically psychodramatic perspective. I explore the role of being a psychiatric patient today, especially from the inner view, and consider in which way the belonging of the actors to different “Sinus-Milieus” (which is an actual and differentiated model of class distinctions) is important. Psychodrama offers a theoretical approach and options to act in relation to complex situations.
Keywords: Psychodrama – Psychotherapy – Psychiatry – Sociometry – Politics – Health System – “Sinus Milieus”
„Das Wichtigste, was einen guten Arzt ausmacht, ist, dass er Liebe hat.“ Diese Definition verdanke ich einem – aus dem schwarzafrikanischen Kulturraum stammenden – Psychiatriepatienten, der vor über 15 Jahren an einer Rollenspielgruppe teilnahm, die ich leitete. Die PatientInnen bauten den „idealen Arzt“ und er brachte die Liebe ein. Ich halte diesen Satz bis heute für gültig für alle im psychosozialen Bereich Tätigen: Das Wichtigste ist, über die Professionalität hinaus, die Liebe zu den Menschen. Auch Moreno hat dies beschrieben: „Aber beim Psychotherapeuten ist es extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die Fähigkeiten von der Persönlichkeit des Therapeuten abzuspalten. Hier sind Fähigkeit und Persönlichkeit, zumindest im Handeln während der Sitzung, untrennbar eins. Man könnte geradezu sagen: die Persönlichkeit des Therapeuten ist seine Fähigkeit. […] Allgemein gesprochen könnten wir deshalb in der Psychotherapie zwischen drei Typen professioneller Darstellung unterscheiden: Fähigkeit ohne Liebe, Liebe ohne Fähigkeit und Fähigkeit plus Liebe.“ (Hutter 2009b, S. 451f). Allerdings scheint mir manchmal, dies würde heute für unwesentlicher gehalten als vor 15 oder 20 Jahren und die Liebe in den aktuellen Settings vielleicht auch schwerer zu verwirklichen sein.
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